Feedback
Franz-Marc-Gymnasium

Holocaust-Pädagogik

Heinrich Mayer, ehemaliger Geschichtslehrer am Franz-Marc-Gymnasium, hat im Rahmen der internationalen Fachtagung “Holocaust-Education revisited: Wahrnehmung und Rezeption” an der LMU München zwei Workshops angeboten, in denen die Projektarbeit an unserer Schule exemplarisch am Beispiel des Films „Der Mühldorfer Todeszug“ präsentiert wurde. Mit der Einladung zur Fachtagung bringt die Universität die wissenschaftliche Wertschätzung für dieses zukunftsweisende Projekt zum Ausdruck. Mit den letzten Zeitzeugen stellen sich neue Fragen der Holocaust-Pädagogik.

Das Langzeitprojekt „Vergessener Widerstand“ zeigt exemplarisch, wie das historische Interesse von Schülern geweckt und über einen längeren Zeitraum im Rahmen von Projektarbeit organisiert und erfolgreich gestaltet werden kann. Im Rahmen der Fachtagung wurden zukunftsweisende  Forschungs- und Vermittlungsprojekte im Rahmen  der Holocaust-Pädagogik vorgestellt und diskutiert.

Das Interesse an den gut besuchten Workshops zum Filmprojekt „Der Mühldorfer Todeszug“, das auch mehrfach im Bayerischen Fernsehen zu sehen war, unterstreicht seine Bedeutung für die Zukunft der Bildungsarbeit auch im Rahmen der Fortbildung.

In folgender Zusammenfassung stellt Herr Mayer das Schulprojekt vor:

Ein Schüler-Projekt entsteht

Auf Grund von Hinweisen auf ein Massaker an KZ-Häftlingen in den letzten Kriegstagen 1945 im Einzugsbereich des Franz-Marc-Gymnasiums beginnen Schüler unter meiner Anleitung die Ereignisse zu recherchieren und zu dokumentieren. Erste Schritte sind eine Dokumentation, eine Facharbeit als Grundlage weiterer Arbeiten und  Ausstellungen vor Ort. Zeitzeugenhinweise aus der Bevölkerung und lokale Berichterstattung beenden das Schweigen. Wir finden Überlebende, nehmen Kontakt auf und laden sie in die Schule ein. Mit Unterstützung der Stiftung Weiße Rose e.V. München erarbeiten Schüler eine Ausstellung, die auf starkes öffentliches Interesse stößt. Sie bildet die Grundlage für eine Ausstellung und Filmdokumentation.

Das Geschehen

Der Zeitzeuge Leslie Schwartz, ein 14-jähriger KZ-Häftling, befindet sich in den letzten Kriegstagen mit weiteren 3600 KZ-Häftlingen aus dem KZ-Außenlager Mühldorf  in einem Todeszug mit unbekanntem Ziel. Der Zug ist in Poing, einer Gemeinde kurz vor München, zu einem längeren Halt gezwungen. Die in den Waggons zusammengepferchten und hungrigen Häftlinge beginnen gegen die unerträglichen Bedingungen zu revoltieren. Das Bewachungspersonal öffnet den Zug. Der Befehlshaber einer im Dorf Poing gelegenen Wehrmachteinheit gibt den Befehl, die Befreiten mit Gewalt in die Waggons zurück zu treiben. Leslie Schwartz, der die Todesrampe von Auschwitz überlebt hat, versucht zu fliehen, wird dabei angeschossen und schwer verletzt.  Tote und Verletzte müssen in die Waggons zurückgebracht werden. Nach der Weiterfahrt wird der Zug in München geteilt. Die beiden Züge fahren weiter auf der Isartalbahnstrecke in Richtung Alpen. Versehentlich wird der Zug von Alliierten Tieffliegern bombadiert.. In Seeshaupt und Tutzing werden die Überlebenden von den Amerikanern befreit und die Toten geborgen.                         

 →Weiterführende Informationen unter: http://www.kz-gedenk-mdf.de/index.php 

Der Zeitzeuge

Leslie Schwartz hat die Fahrt schwer verletzt überstanden und wird in einem Lazarett gesund gepflegt. Es gelingt ihm die Ausreise in die USA. Im Ruhestand schreibt er seine Erinnerungen nieder. Er wird auch auf das Schulprojekt des Franz-Marc-Gymnasiums aufmerksam und nimmt mit der Schule Kontakt auf. Als Zeitzeuge besucht er seit mehreren Jahren Schulen in Deutschland und den USA.

Das Filmprojekt

Die Filmregisseurin Beatrice Sonhüter entwickelt  mit dem BR den Plan zu einer Dokumentation. Es wird ein Konzept über die Recherche der Schüler mit dem ehemaligen KZ-Häftling und Überlebenden Leslie Schwartz erarbeitet. Die Ergebnisse der vorangegangenen Arbeiten fließen in den Film ein. Die Struktur des Films wird bestimmt durch die Stationen des KZ-Aufenthalts von Leslie Schwartz bis zu seiner Befreiung. Archivrecherche und Zeitzeugenbefragung wechseln einander ab. Erlebnisse und Emotionen hinterlassen bei den Beteiligten tiefe Eindrücke.

 Am Ende seiner Zeitreise in die Vergangenheit steht für Leslie Schwartz, der heute in den USA und Deutschland lebt, das Verzeihen, das Vergeben“ (Beatrice Sonhüter).

Die Einladung durch den Projektleiter zur Fachtagung „Demokratieerziehung am historischen Ort“ hängt unmittelbar damit zusammen. Weitere Einladungen folgten, u.a. zur Eröffnung der Ausstellung  „Zurück ins Leben“, die internationalen Kinderzentren Kloster Indersdorf 1945-1948, an der Universität Tel Aviv.

Vernetzung, Projektbetreuung und Fortbildung sind Aufgabenbereiche, die  ich als ehrenamtlicher Mitarbeiter des FMG seit meiner Pensionierung im Jahr 2014 wahrnehme. Weiter betreue ich Holocaust-Überlebende, die der Schule verbunden sind wie Gabriel Meltzer und Leslie Schwartz zu den Gedenkfeiern in der Gedenkstätte Dachau. Durch Besuche in den USA und Deutschland konnten diese Kontakte in den letzten Jahren mit den Angehörigen der Überlebenden vertieft werden. Unser Projektpartner, die Stiftung Weiße Rose e.V., Schulleitung und Fachleitung des FMG unterstützten uns bei dieser Arbeit.


https://www.holocaust.didaktik.germanistik.uni-muenchen.de/tagungsdoku-holo/index.html