Feedback
Franz-Marc-Gymnasium

Reise nach Lothringen

Veröffentlicht am 26. Oktober 2017

Exkursion

100 Jahre Erster Weltkrieg – Erinnerungsfahrt vom 14. – 17. September 2017

Donnerstag, 14. September 2017

Als wir am Donnerstag um 6:30 Uhr am Bahnhof in Markt Schwaben unsere Reise starteten, wussten wir noch nicht genau, was uns erwarten würde. Dass wir nach Verdun fahren würden, mit unseren Lehrerinnen Dr. E. Jung-Strauß und B. Weigert und Vertretern der Partnerstadt Hohenlinden und der Soldatenverbände, wussten wir, aber nicht, dass wir so viele Bekanntschaften machen und lehrreiche Erfahrungen sammeln würden.

Die Busfahrt war mit ihren 10 Stunden nicht unbedingt kurz. Die Fahrt verging aber schnell, da wir Zeit hatten, etwas Schlaf nachzuholen. Zudem wurden wir in den Fahrtpausen verköstigt mit Kaffee, Brezen und Wurst. Leider spielte das Wetter nicht mit, so dass unser Picknick spontan in den Bus verlegt werden musste. Gestärkt fuhren wir dann über die französische Grenze und nutzten nun die Busfahrt als Generalprobe für unsere bald anstehenden Vorträge auf dem Expo-Gelände in Verdun. 

Um circa 17:15 Uhrerreichten wir dann das Messegelände in Verdun. Dort hatten wir die ehrenvolle Aufgabe, die Messe mit einem Kurzvortrag auf Französisch über die bayerische Bierkultur zu bereichern. Im Vorfeld waren wir bei der Erstellung von Vorträgen und Schauwänden über die bayerische Braukunst, die Vielfalt des bayerischen Bieres,  die Brauerei Schweiger aus Markt Schwaben und zudem über die Rolle des Bieres während der Kriegsjahre beteiligt.

Wir waren – ob dieser Aufgabe – doch leicht nervös, stärkten uns noch einmal mit einer Breze, legten unsere extra mitgebrachten Trachten an und betraten das Expo-Gelände. Unser Anblick in Dirndl und Lederhose wurde von den französischen Besuchern der Messe sogleich interessiert und zum Teil schmunzelnd aufgenommen und sorgte für einen ersten Kontakt zwischen Deutschen und Franzosen.

Dann wurde es ernst und wir durften unsere „Bühne“ betreten, auf der schon unsere imposanten Schauwände standen. Die ersten Vorträge liefen reibungslos. Zwar war es natürlich eine Überwindung auf Französisch vor französischsprachigem Publikum zu referieren, doch wir meisterten diese Aufgabe mit Bravur… aber kurz vor der Präsentation der letzten Tafel ließ uns die Technik im Stich… Trotz des kleinen Zwischenfalls haben wir viele Komplimente für unser Französisch bekommen und die Franzosen haben sich gefreut, dass wir uns so viel Mühe gegeben haben. An Gastfreundlichkeit fehlte es auch nicht, da wir immer gut versorgt wurden und aufgrund des großen Interesses der Franzosen viele interessante Gespräche führen konnten.

Nach der Messe sind wir alle mit dem Bus zu unserem Hotel in Saint Mihiel, einem charmanten, kleinen Ort, gefahren. Dort bezogen wir zunächst unsere Zimmer im „Hotel de la Gare“, das uns in den kommenden Tagen beherbergen sollte. Dann ging es auch schon zum Abendessen im Restaurant „Rive Gauche“ in dem wir ein 3-Gänge-Menu genießen durften. Französische Schmankerl wie Pâté und île flottante entschädigten für die Strapazen des Tages. Nach diesem feudalen Mal fielen wir, erschöpft von der langen Anfahrt und den Aufregungen des Tages, in unsere Betten und freuten uns insgeheim schon darauf, was die kommenden Tage wohl bringen würden.

 

Freitag, 15. September 2017

Morgens um 7 Uhr mussten wir die gemütlichen Betten schon wieder verlassen. Der Duft von frischen Croissants, heißem Café au lait und knusprigem Baguette ließ die Müdigkeit aber schnell verfliegen. Pünktlich um 8 Uhr ging es dann los und unsere erste Etappe brachte uns nach Fleury-devant-Douaumont, einem der acht sogenannten „Zerstörten Dörfer“ (Villages détruits), die im Zuge der Zerstörungswut des 1. Weltkrieges komplett vernichtet wurden. Es war ergreifend und beeindruckend zugleich dort zu stehen. Um uns herum war nichts mehr auszumachen als die metertiefen Einschlagslöcher der Granaten. Nur ein paar Tafeln wiesen darauf hin, dass in diesem Gebiet tatsächlich Menschen ihrem täglichen Leben und ihren Berufen nachgegangen sind.

Hier trafen wir wieder auf den Präsidenten der Messegesellschaft, Herrn Jean-Pierre Laparra. Er ist auch der Bürgermeister der Gemeinde Fleury-devant-Doumant. Obwohl dieser Ort und die Gemeinde Fleury ohne Einwohner sind, haben sie dennoch ihren Status als Gemeinde bzw. Stadt beibehalten und daher sowohl eine Postleitzahl als auch einen Bürgermeister. 

Herr Maurer und Herr Laparra legten einen Kranz zum Gedenken an die Opfer der Schlacht von Verdun nieder und die Blaskappelle „Mia sans“ lieferte die passende musikalische Untermalung für  die kleine ergreifenden Zeremonie.

Diese erste Etappe verdeutlichte uns eindrücklich die Gewalt, die Rohheit des Krieges, den wir auf einmal viel konkreter nachspüren konnten, als das oft im Geschichtsunterricht der Fall ist.

Doch wir sollten die Schicksale des Krieges und den mit ihm verbundenen Tod heute noch präsenter erleben, denn unsere zweite Etappe führte uns in das Beinhaus von Douaumont. Schon von weitem fiel uns die imposante Architektur des Gebäudes auf, die einem in den Boden gerammtem Schwert nachempfunden ist. Es handelt sich hierbei um eine nationale Grabstätte für die Gebeine der Gefallenen, die nach der Schlacht von Verdun nicht identifiziert werden konnten.  Dem Grab von über 130.000 Menschen so nahe zu sein, ja die Gebeine durch die Glasfenster sogar sehen zu können, machte uns sehr betroffen.

Wir wurden dort von einer Stellvertreterin des Direktors Olivier Gérard begrüßt und gedachten unter dem Erinnerungsstein für den bayerischen Soldaten Peter Freundl den gefallenen Soldaten. Wir Schüler durften an der Zeremonie teilhaben und legten ein Blumengebinde nieder.

Im Anschluss daran wurde uns ein beeindruckender Film gezeigt über die Schlacht von Verdun, der uns sehr bewegte, da er die Ereignisse dieser Schlacht, das Leben der Soldaten, die Grausamkeit, die Entbehrung und die Trostlosigkeit, aber auch die Sinnlosigkeit dieses Krieges eindrucksvoll, aber ohne zu viel Pathos, wiedergab.

Um das Geschehen ein wenig zu verdauen, machten wir in Kleingruppen einen Spaziergang über das Gelände, vorbei an den unzähligen Holzkreuzen, oder erklommen den 46 Meter hohen Turm des Beinhauses, den Tour des morts. Von hier hatte man einen beeindruckenden Ausblick auf die bewaldeten Hügel und die wunderschöne Landschaft, die uns umgab. Noch immer sichtlich ergriffen stiegen wir dann wieder in unseren Bus und waren alle froh über eine kurze Mittagspause in Vacherauville, wo wir im „Le Relais de Vacherauville“ erneut mit einem exzellenten 3-Gänge-Menu verköstigt wurden. Am Nachmittag hatten wir „après-midi libre“ und durften auf eigene Faust Verdun erkunden, durch die Gassen schlendern, am Fluss ein Getränk trinken und das wunderbare Wetter genießen.  

Abends trafen wir dann unsere Lehrerinnen und die Reisegruppe wieder auf dem Expo-Gelände, um dort am Bayernabend teilzunehmen. Wir betraten ein riesiges Zelt mit festlich gedeckten Tischen und wurden dann mit bayerischem Essen à la française verköstigt. So gab es Weißwürste mit Salat und scharfem Senf, durchaus eine interessante Alternative, Schweinshax’n und Apfelstrudel. Unsere Musikgruppe sorgte für eine fröhliche musikalische Untermalung des Abends und so konnten wir nach all den Gräuelberichten und den traurigen Impressionen des heutigen Tages endlich ein Beispiel dafür liefern, dass heute Freundschaft zwischen Deutschen und  Franzosen regiert. Wir haben miteinander gelacht und gefeiert und machten uns dann wohlgenährt auf zum Bus, um Richtung Hotel zu fahren.

 

Samstag, 16. September 2017

Ein besonders wichtiger Teil unserer Reise fand am Samstag statt. Wir wohnten der Enthüllung des renovierten Denkmals für das K.B. 4. Infanterieregiment bei. Schon an Morgen ging es los und wir wurden im Bürgermeisterhaus empfangen. Dort trafen wir dann auch zum ersten Mal die französischen Schüler, die mit uns eine wichtige Rolle bei der folgenden Zeremonie spielen sollten. Nach der kurzen Stärkung fanden wir uns alle am Fuße des Denkmals ein, welches durch die finanzielle Unterstützung aus Hohenlinden renoviert und restauriert werden konnte. Auch von französischer Seite hat sich eine Vielzahl von Bürgern aufgemacht, diesem Event beizuwohnen. Sowohl deutsche als auch französische Fahnenträger verliehen der Zeremonie einen noch feierlicheren Charakter.

Nach der Enthüllung, der Kranzniederlegung und der Verlesung einiger Reden zum Gedenken an die Geschehnisse waren dann wir Schüler an der Reihe. Deutsche und französische Schüler lasen im Wechsel deutsche bzw. französische Textpassagen von Autoren des 1. Weltkrieges vor, die an die gemeinsame Kriegsvergangenheit erinnerten. Die Texte beschönigten den Kriegsalltag und seine dramatischen Folgen nicht. Daher war es wichtig, dass im Anschluss an die tragischen Passagen noch eine Friedenserklärung verlesen wurde, in welcher die Bedeutung der zukünftigen Friedenswahrung und der Ausbau der deutsch-französischen Freundschaft trotz der schwierigen Jahre betont wurden. Auch die Mahnung des Präsidenten des Bayerischen Soldatenbundes, Richard Drexl, blieb uns im Ohr, der u.a. sagte, dass die Deutschen und die Franzosen niemals vergessen sollten, was aus Missachtung der berechtigten Interessen anderer Völker entstehen kann. Daran würde das Denkmal die späteren Generationen erinnern. Nach der offiziellen Feier wurden wir – wie könnte es anders sein – zum Essen eingeladen. Wieder wurden wir mit so viel Freude empfangen und durften ein letztes Mal ein französisches 3-Gänge-Menu genießen. Wieder war viel Zeit für persönlichen Kontakt zwischen Deutschen und Franzosen und wir Schüler lieferten ein gutes, gelebtes Beispiel für deutsch-französische Freundschaft und führten spontan ein Fußball-Turnier durch.

Abends hatten wir Schüler „Ausgang“ und konnten so hineinschnuppern in die französische Ausgehkultur und wir verbrachten einen lustigen Abend in Verdun.

 

Sonntag, 17. September 2017

Auch am letzten Morgen in Frankreich klingelte der Wecker ohne Gnade um halb sieben. Es hieß Koffer packen, Zimmer räumen und ein letztes französisches Frühstück zu uns nehmen. Dann machten wir uns auf den Heimweg, welcher aber noch zwei weitere interessante Stationen beinhalten sollte.

Zunächst besichtigten wir ehemalige bayerische Stellungen im Gebiet um Etain. Besonders eindrucksvoll war das Waldlager, welches den trostlosen Alltag der Soldaten widerspiegelte. Wir sahen die Überreste von Schlafräumen für Soldaten und „edlere Behausungen“ mit Badewannen für Generäle.  Zudem konnten wir durch Schützengräben gehen und Stützpunkte besichtigen. Erneut wurde die sonst eher abstrakte Kriegsbeschreibung aus Büchern unglaublich real und „greifbar“. Erschreckend, unter welch menschenunwürdigen Umständen die Soldaten hausen und leben mussten.

Die letzte Etappe unseres Programms war für uns Schülerinnen und Schüler des Franz-Marc-Gymnasiums noch einmal von besonders großer Bedeutung, denn wir besichtigten den Todesort Franz Marcs in der Gemeinde von Braquis. Dort wurde eine Erinnerungstafel zu Ehren des Malers aufgestellt und weist fortan auf sein Schicksal hin. Der Expressionist und Mitbegründer der Künstlergemeinschaft Blauer Reiter fiel am 4. März 1916 bei einem Erkundungsritt an der von uns besuchten Stelle. Zusammen mit dem Bürgermeister von Hohenlinden und der Bürgermeisterin von Braquis legten wir einen Gedenkkranz nieder und vollzogen eine kleine Gedenkzeremonie. Im Anschluss lud uns die Bürgermeisterin ins Rathaus von Braquis ein. Wir wurden dort herzlich empfangen und zu einem leckeren Essen eingeladen. Es gab Elsässer Spezialitäten – Quiche Lorraine und Tarte aux Mirabelles. Hier zeigte sich erneut die schöne Seite dieser Fahrt. Trotz der traurigen und schmerzvollen Erfahrungen der Vergangenheit ist die Gegenwart von Gastfreundschaft und Herzlichkeit geprägt und so nahmen wir ob der schönen Erfahrungen mit lachendem, aber auch mit einem weinenden Auge, am späten Nachmittag voneinander Abschied.

 

Alles in allem war die Fahrt eine große Bereicherung für uns. Wir durften das Thema 1. Weltkrieg einmal ganz anders erleben, was nicht spurlos an uns vorüberging. Eines wurde auch uns nun unumstößlich klar:   „plus jamais ça“.  Nie mehr diese sinnlose Grausamkeit, nie mehr diese sinnlosen Kriegsgräuel. Unser Fokus muss auf der Bewahrung der leidvollen Erinnerung liegen, aber vor allem auch darauf, in Freundschaft mit unserem Nachbarn zu leben und viel Möglichkeit für Kontakt und Austausch zu schaffen.

Wir möchten der Gemeinde Hohenlinden unseren Dank dafür aussprechen, dass sie uns mitgenommen und unvergessliche Tage in Verdun beschert hat. Zudem gilt unser Dank der Bayerischen Volksstiftung/ Bayerischen Einigung für die finanzielle Unterstützung.

Louisa Ehlich, Sandra Gallenberger,  Niklas Gröber, Hannes Hoffmann, Matthias Kaiser  (Q 11)

Die Ebersberger Zeitung berichtet bereits vorab am 13.09.2017:

ebe_13_09_17 

 

Ein weiterer Artikel findet sich in der Ebersberger Zeitung vom 23./24.09.2017:

ebe_22_09_17