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Franz-Marc-Gymnasium

Zeitzeuge Wittenburg am FMG

Veröffentlicht am 23. März 2018

Projekt

Leben in der Utopie – Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie

ein Vortrag von Siegfried Wittenburg

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ Das versicherte DDR-Staatschef Walter Ulbricht im Juni 1961 dem Volk. Doch was geschah? Im August desselben Jahres begann der Mauerbau. Vieles in der DDR basierte auf Lügen. Die Menschen fühlten sich von der Regierung hinters Licht geführt und sehnten sich nach einem Leben in Freiheit und geprägt von Demokratie.

So ging es auch Siegfried Wittenburg aus Rostock, der – auf Einladung von Frau Dr. Jung-Strauß – der 11. Jahrgangsstufe am 13. März 2018 im Rahmen seines Vortrages „Leben in der Utopie – Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie“ aus der Zeit des geteilten Deutschlands berichtete. Zum Einstieg rief Herr Wittenburg den Schülerinnen und Schülern ins Gedächtnis, dass sie der ersten Generation angehören, die in einem friedlichen Europa aufwächst. Jedoch mahnte er, dass es nun gelte, diese Werte auch in politisch turbulenten Zeiten zu bewahren.

Anschließend gab er Einblicke in seine Biografie und berichtete von seiner Tätigkeit als Fotograf in der DDR. Er erzählte voller Stolz von seinem Vater, der beide Weltkriege, Gefangenschaften, den Stalinismus, den Sozialismus, den Mauerbau und den Zerfall des Staates miterlebte, es jedoch stets schaffte, Siegfried Wittenburg eine glückliche Kindheit zu ermöglichen.

Das nächste Thema seines Vortrages war die damalige Erziehung und Schule. Ausgehend von einem alten Klassenfoto machte er auf die von der sozialen Herkunft abhängige Behandlung der Schüler aufmerksam. Darauf zu sehen waren Kinder in Pionierkleidung, die die Zukunft des Staates werden sollten, und Kinder in normaler Kleidung, die aus Familien der ,,Intelligenz“ (Ärzte, Wissenschaftler, o.Ä.) kamen und demnach nicht auf gleiche Weise gefördert wurden. Junge Pioniere sollten den Staat zu einem Schlaraffenland mit höchstem Lebensstandard, maximaler Produktion und einer klassenlosen Gesellschaft machen – das Versprechen einer Utopie, dem die Menschen Glauben schenkten.

Umrahmt von eigenen Fotografien erzählte Herr Wittenburg von Bootsflüchtlingen auf der Ostsee, seinen Erfahrungen mit der Stasi und der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), seinen Freunden, die teilweise in schwierige Situationen gelangten, von seiner Karriere als Fotograf, beginnend im Kulturhaus, und seiner Fotoausstellung mit umstrittenen Fotos. Ein weiterer Punkt seines Vortrags war eine Sibirienreise im Jahr 1971 zusammen mit seiner Frau. Die beiden befanden sich im Mutterland des Kommunismus und lernten dort die russische Gastfreundschaft – oft von überzeugten Kommunisten – kennen.

Zum Ende seines Vortrages erzählte Siegfried Wittenburg, wie der Staat gegen Ende der 1980er Jahre zerfiel und das Volk den Glauben an Utopie aufgab. Das hatte eine gewaltige Gegenbewegung mit Protesten und getragen vom Ruf ,,Wir sind das Volk!“ zur Folge. Am 9. Oktober 1989 erlitt die kommunistische Diktatur letztendlich die alles entscheidende Niederlage und Deutschland wurde wiedervereint.

Der Vortrag war äußerst informativ gestaltet und mittels zahlreicher Bilder anschaulich präsentiert. Mit Anekdoten aus seinem Leben zog Siegfried Wittenburg die Zuhörer in seinen Bann und durch geschickte Fragen an das Publikum gelang es ihm, die Schülerinnen und Schüler zum Mitdenken anzuregen. Der Vortrag wird auf jeden Fall noch lange in Erinnerung bleiben.

Nora Junkert

Auch die Ebersberger Zeitung berichtet ausführlich über den Besuch Wittenburgs →zum Artikel